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Don't Shoot the Messenger: Warum es wichtig ist, Kritik an der Krisen- und Veränderungskommunikation differenziert zu betrachten

24.4.2025

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In Krisen- und Veränderungssituationen wird häufig die Kommunikation kritisiert. Es gibt kaum eine kritische Situation, in der sich nicht jemand nicht, zu spät oder unzureichend informiert oder einbezogen fühlt. Bedeutet dies immer, dass die Kommunikation schlecht war?

Nein, denn oft richten sich Kritik und Unmut eigentlich nicht gegen die Kommunikation, sondern gegen die zugrunde liegende Sache selbst. Die Kommunikation, als Überbringer der unliebsamen Nachricht, dient dann als Projektionsfläche. Dies zu erkennen und die Kritik entsprechend differenziert zu betrachten, ist strategisch elementar wichtig: Denn Kritik, die sich eigentlich nicht gegen die Kommunikation richtet, kann logischerweise auch nicht durch Veränderungen oder Verbesserungen der Kommunikation behoben werden. Im Gegenteil: Es besteht dann vielmehr das Risiko, dass die Anpassung der Kommunikation als Eingeständnis gewertet wird und sich Kritik verstärkt.

Es ist daher wichtig, sich bewusst zu machen, dass häufig nicht alle Stakeholder für eine Sache gewonnen oder überzeugt werden können und dass die Kritik an der Kommunikation dann häufig ein Ausdruck des Widerstands gegen die Veränderung selbst ist. Die verantwortlichen Kommunikatoren merken dies in der Regel schnell. Eine wichtige Aufgabe besteht dann darin, dies auch der Unternehmensleitung und ggf. den Aufsichtsgremien zu erklären. Denn diese stehen meist unter erheblichem Druck; sie sehen manchmal in der Kommunikation ein schnelles Gegenmittel und fordern dann ihrerseits mehr oder andere Kommunikation.

Warum man auch mit der besten Kommunikation in Krisen- und Veränderungssituationen nicht alle gewinnen kann

Kommunikation spielt eine zentrale Rolle in Krisen- und Veränderungssituationen. Sie ist das Mittel, durch das Informationen übermittelt und Veränderungen erklärt werden. Mehr dazu auch im Crunchtime Impuls Veränderungen im Krankenhausumfeld - Kommunikation als Schlüssel zum Erfolg

Doch selbst die beste Kommunikation kann nicht alle Betroffenen überzeugen oder zufriedenstellen. Es gibt verschiedene Gründe dafür:

  • Unterschiedliche Ziele und Interessen:
    Manche direkt Betroffene verfolgen andere Ziele oder Interessen als das Unternehmen. Diese Stakeholder werden auch mit der besten Kommunikation nicht zu gewinnen sein, da ihre grundlegenden Interessen im Konflikt mit den Unternehmenszielen stehen.
  • Komplexität der Themen:
    Einige Themen sind zu komplex, um von allen Betroffenen vollständig und mit allen tieferliegenden Zusammenhängen verstanden zu werden. Dies kann zu Missverständnissen und Widerstand führen, unabhängig davon, wie klar und präzise die Kommunikation ist.
  • Mangelndes Interesse:
    Manche Stakeholder beschäftigen sich nicht mit den Themen und wollen sie auch nicht verstehen. Sie ziehen sich oft auf Pauschalaussagen zurück, isolieren einzelne Aspekte oder lassen sich von anderen mitreißen, ohne sich selbst ein Bild zu machen.
Psychologische Erklärungen

Das Phänomen, dass Kritiker von Veränderungen oftmals auch die Kommunikation als unzureichend empfinden, während Unterstützer sie als gut bewerten, lässt sich auch psychologisch begründen:

  • Psychologische Barrieren:
    Unsere Wahrnehmung und Interpretation von Kommunikation werden stark von unseren emotionalen Zuständen, persönlichen Vorurteilen und Annahmen beeinflusst. Menschen, die sich gegen eine Veränderung oder Krise sträuben, neigen dazu, die Kommunikation negativ zu bewerten, weil sie die unangenehme Botschaft transportiert. Zudem kann Kritik an der Kommunikation auch ein Mechanismus sein, um das eigene Selbstwertgefühl zu schützen. Indem man die Kommunikation als unzureichend darstellt, kann man die eigene Unsicherheit und Angst vor Veränderungen externalisieren. Unterstützer hingegen sind eher bereit, die Kommunikation positiv zu sehen, da sie die Veränderung akzeptieren oder unterstützen.
  • Kognitive Dissonanz:
    Dieses Konzept beschreibt den inneren Konflikt, den Menschen erleben, wenn sie Informationen erhalten, die ihren bestehenden Überzeugungen oder Einstellungen widersprechen. Deshalb erleben Kritiker die Kommunikation häufig als unzureichend oder verspätet, weil sie ihre negativen Gefühle gegenüber der Veränderung verstärkt, während Unterstützer weniger Dissonanz empfinden und die Kommunikation daher positiver bewerten.
  • Confirmation Bias:
    Menschen neigen dazu, Informationen so zu interpretieren, dass sie ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen. Kritiker suchen nach Fehlern in der Kommunikation, um ihre negative Haltung zu rechtfertigen, während Unterstützer nach positiven Aspekten suchen, die ihre Unterstützung bestätigen.
  • Verlustaversion und psychologische Reaktanz:
    Menschen reagieren auf Verluste stärker emotional als auf Gewinne. Veränderungen werden oft als Verlust der bisherigen Situation wahrgenommen – zum Teil auch ohne zu hinterfragen, ob dies für das eigene Umfeld tatsächlich zutrifft. Hinzu kommt, dass viele Menschen bei Veränderungen, die sie nicht selbst initiiert haben, das Gefühl haben, dass ihre Freiheit oder Autonomie eingeschränkt wird. Da die daraus resultierende Reaktanz häufig nicht mit sachlichen Argumenten unterlegt werden kann, äußert sich die Ablehnung in Kritik an der Art und Weise, wie die Veränderungen kommuniziert wurden.

Diese psychologischen Erklärungen lassen sich durch verschiedene Beispiele aus der Praxis verdeutlichen:

Unternehmensfusionen: Bei Fusionen wird in Bezug auf die Kommunikation oft kritisiert, dass sie zu wenig Informationen teilt und dadurch die Unsicherheit und Angst der Mitarbeiter verstärkt. Mitarbeiter, die die Fusion unterstützen, sehen die gleiche Kommunikation als transparent und hilfreich.

Politische Entscheidungen: Politische Kommunikation wird von Gegnern oft als manipulativ und unzureichend empfunden, während Anhänger sie als klar verständlich und überzeugend betrachten.

Produktänderungen: Wenn ein Unternehmen ein Produkt verändert, empfinden Kritiker die Kommunikation oft als mangelhaft, weil sie die Änderung nicht mögen. Sie reagieren mit Ablehnung und behaupten, dass die Kommunikation über die Vorteile des Updates nicht überzeugend genug war. Befürworter und Unterstützer hingegen loben die Kommunikation.

Veränderungen in der Krankenhausversorgung: Wenn Krankenhäuser einzelne Abteilungen schließen oder zusammenlegen bzw. kleinere Krankenhäuser ganz geschlossen werden, gibt es dafür in aller Regel sehr stichhaltige Argumente oder sogar eine absolute Notwendigkeit. Zum Beispiel, weil die Patientenzahlen massiv zurückgehen, weil qualifiziertes Personal fehlt oder weil eine Leistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen zukünftig gar nicht mehr erbracht werden darf. Trotzdem gibt es bei Veränderungen in der Krankenhausversorgung fast immer starke Kritik und teils massiven Widerstand der unmittelbar betroffenen Menschen vor Ort. Nicht selten ist dabei zu beobachten, dass Menschen zwar vehement gegen Veränderungen im Krankenhaus am eigenen Wohnort demonstrieren, im Krankheitsfall dann aber selbst eine Behandlung in einer weiter entfernten, aber spezialisierten Klinik vorziehen.

Fazit

In Krisen- und Veränderungssituationen ist es entscheidend, die Rolle der Kommunikation richtig einzuordnen und Kritik an der Kommunikation differenziert zu betrachten. Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, klare und transparente Informationen zu vermitteln und die Stakeholder bestmöglich einzubeziehen – aber sie sollten sich auch bewusst machen, dass nicht alle Stakeholder überzeugt werden können und in der Kommunikation keinesfalls nach dem Grundsatz „viel hilft viel“ handeln. Oft reicht es bereits, kritisch zu hinterfragen von wem die Kritik kommt und warum sie vermutlich geäußert wird. Wenn die Kritik eher durch die eigene Agenda des Kritikers getrieben ist und ein Ausdruck des Widerstands gegen die Veränderung an sich ist, heißt es: "Don't shoot the messenger!“

Zur differenzierten Betrachtung gehört aber selbstverständlich auch, dass berechtigte Kritik an der Kommunikation ernst genommen wird. Gerade in Krisen- und Veränderungssituationen, in denen unter hohem Druck und unter Unsicherheit kommuniziert wird, gelingt die Kommunikation selten perfekt. Es gibt immer Raum für Verbesserungen; aus solcher Kritik kann und sollte man lernen, um die Kommunikation in zukünftigen Krisen- und Veränderungssituationen zu optimieren.

Bild: New Africa - stock.adobe.com; Volodymyr - stock.adobe.com

Anhang

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